Amen
Dass es einen Anfang gibt, der anfängt, und ein Ende, das endet, und dass das Ende anfängt und der Anfang endet und dasss Ebbe und Flut der Zeit heranschwappen und sich zurückziehen und das Treibholz dessen zurücklassen, was war –
Nein: damit endet dieser Anfang, der erste Satz des Romans Amen von Marcel Möring noch nicht, und schon in diesen ersten Zeilen mag der Leser alles finden, was dieses schmale Buch so ungenießbar macht: man kann es "dichte Prosa" nennen, man kann es auch überladen und auf kunstvollste Art vollgestopft finden, was der Erzähler hier beginnt. Einen inneren Monolog, der das Ziel hat, fertig zu werden, mit dem, was geschieht, und doch nur immer neue Baustellen aufreißt.
Amen: So sei es. Um das sagen zu können, um sagen zu können, es ist okay, muss manche(r) einen langen Weg zurücklegen. Samuel Hagenau wurde von seiner Frau verlassen und suhlt sich nun im, ja was: Liebeskummer? Selbstmitleid? Der Pose des tragischen, verkannten Helden? Anklage?
Um fertig zu werden mit der gescheiterten Beziehung braucht es Zeit, braucht es eine Erzählung, Fragen müssen gestellt werden, Antworten sind vielleicht gar nicht so wichtig, Hauptsache Gespräch, Selbstgespräch ist auch okay. In diesem Fall aber kommt noch einiges dazu: Hagenau, von Beruf Archäologe, findet unweit des Dorfes Amen ein ausgebranntes Autowrack, darunter eine Leiche. Die Spur verläuft zu einem ehemaligen KZ, ebenfalls fußläufig zu erreichen, und einer Gruppe untergetauchter RAF-Terroristen. Was ist geschehen? Eine Frage, die nicht nur die hiesige Polizei umtreibt...
Sie fragen sich, wie das alles auf 200 Seiten zusammenfindet? Ich weiß es nicht. Amen ist ein derart mit Bedeutungsebenen, Anspielungen und Kunstwillen überladenes Buch, dass die Erzählung darunter zusammenbricht und die Leselust (meine zumindest) schnell auf der Strecke bleibt. Hier fabuliert jemand sehr sehr gerne, gefällt sich in seiner Klugheit, in seiner Allwissenheit, Arroganz. Dem Erzähler des Buches fällt das gehörig auf die Füße. Wurde Samuel Hagenau am Ende ganz "zu Recht" verlassen? Eine der vielen Fragen dieses Buches, die mich irgenwann nicht mehr interessierten.