Kami und Mika
Nach Wolkenhain und weiter...
Okay, ich gebe es zu: Kami und Mika, die beiden so gegensätzlichen Zwillinge, auseinanderzuhalten, gelang mir zu Beginn unseres (Vor-) Leseabenteuers nicht so recht. Dabei ist es eigentlich ganz simpel: Mika ist die 14 Minuten ältere Schwester, sportlich und kreativ zugleich, und manchmal etwas ungeduldig mit ihrem "kleinen", eben 14 Minuten jüngeren Bruder Kami, der vor allem gern bastelt und experimentiert – und nicht selten mit einem kleinen unvorsichtigen Schritt ziemlich turbulente Ereignisse auslöst.
Turbulent, das sind diese beiden ersten Bücher über die phantastischen Abenteuer der beiden Zwillinge, auf jeden Fall. Kami und Mika, erfunden von der Autorin Regina Feldmann und wunderschön illustriert von Ayşe Klinge, erleben im ersten Band eine "phantastische Reise nach Wolkenhain", von der sie vorerst auch nicht zurückkehren, weswegen die Leser*innen gemeinsam mit Kami und Mika im zweiten Band hinter das "Geheimnis des magischen Strudels" schauen dürfen (und auf einen dritten Band hoffen).
Wie ein langweiliger Nachmittag zuhause dank eines pinkfarbenen Chamäleons zu einer wahrhaft phantastischen Reise wird, das lässt sich kaum nacherzählen. Mit der originellen Version des fliegenden Teppichs katapultiert Regina Feldmann die beiden Kinder in eine Zauberwelt in den Wolken, in der mit der Schwerkraft auch alle Gesetze erwachsener Logik ausgehebelt sind.
Mit der geheimnisvollen Wolkenhainerin Isabella, mit Prinz Anastasius und Springzessin Eleni, mit der Pegasus-Kuh Lancelot, Drachen, Feuervögeln, Flugkrabben und nicht zuletzt den wundersamen "Glühbienchen" breitet sie ein Reich aus, das in der Tradition fantastischer Kinderliteratur von Alexander Wolkow bis Michael Ende steht, jedoch um ein Vielfaches bunter, vielfältiger und anarchischer ist als alle (spürbaren) Vorbilder. Während des Lesens ist es, als hätte die kindliche Phantasie Flügel bekommen, verbunden mit einem großen Herz für allerlei Wesen, die nicht unseren Vorstellungen von "Normalität" entsprechen oder diese einfach ganz weit hinten links liegen lassen: In Wolkenhain findet Jeder und Jedes Platz und Aufmerksamkeit.
Umso schöner, dass die Fortsetzung dieses Abenteuers nicht lange auf sich warten ließ. Statt zurück nach Hause, katapultiert es Kami und Mika im zweiten Band der Reihe noch tiefer in dieses für Erwachsene chaotisch anmutenden Fantasien. Der Strudel der Ereignisse dreht sich noch einmal um einiges schneller und wilder als im ersten Band – was der Freude beim (Vor-) Lesen keinen Abbruch tut: es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
Alles beginnt mit einer Bombastfrucht. Die Bombastfrucht schmeckt immer nach dem, was man sich wünscht. Man muss nur den Namen des Gewünschten aussprechen, bevor man hineinbeißt. Doch wehe, man sagt "Bombastfrucht" ...
Was dann passiert, erleben Kami und Mika auf ihrer Reise durch den "magischen Strudel" hindurch. Sie gelangen in eine merkwürdige, ausgetrocknete Welt, in der es keine Kinder zu geben scheint. Mit jedem Kapitel zieht es sie tiefer hinein in den Strudel der Ereignisse, so dass nicht nur Kami und Mika irgendwann die Orientierung zu verlieren drohen.
Großes Kompliment an die Autorin und die Illustratorin, die sich und uns diese chaotische, fabelhaft unterhaltsame Story zumuten, in der es zwar drunter und drüber geht, aber Fabelwesen, Tiere und Kinder (und manchmal auch ein, zwei Erwachsene) gemeinsam einen Weg aus dem Schlamassel finden – mit ganz viel Phantasie und, ja, letztendlich auch nie versiegender Hoffnung. Wir hoffen indes auf den dritten Teil!