Einer von den Guten
Das Cover von Einer von den Guten, dem neuesten Roman von Jan Costin Wagner um den Ermittler Ben Neven, zeigt einen Mann im freien Fall. Ein Mann stürzt an einem Sprungturm vorbei in die Tiefe – und dieser ungewöhnliche Kriminalroman handelt davon, wie er Halt sucht und nur schwerlich findet.
Einer von den Guten: das ist Ben Neven, leitender Ermittler in einem komplexen Fall von sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie. Im zweiten Band der Reihe hatte er erfolgreich die Ermittlungen geleitet und so Schlimmes verhindert. Gleichzeitig kämpfte er selbst mit pädophilen Neigungen – und genau dieser Kampf steht im Mittelpunkt des neuen, nur schmerzhaft zu lesenden Buches.
“Während der Kriminalpolizist Ben Neven nach Dortmund fährt, um Böses zu tun, denkt er schon die Rückfahrt mit, setzt sie voraus, die Erschöpfung, die Müdigkeit, die Abwesenheit von Lust und das alles so sein wird, als wäre es nicht wirklich passiert.“
Der Parkplatz neben einem Dortmunder Freibad ist einen Sommer lang Ort des Geschehens. Mehrere Autostunden von Wiesbaden entfernt, wo seine Frau und seine Tochter leben, wird „einer von den Guten“ zum Täter. Zunehmend verstrickt er sich in seinem Doppelleben, Schritt für Schritt steuert er hilflos auf den Abgrund zu: Ben Neven fällt und fällt, verstrickt sich, doch findet keinen Halt.
Die innere Zerrissenheit, die Selbstlügen, die kurz aufblitzende Klarheit, den erneuten und immer tieferen Fall schildert Jan Costin Wagner derart empathisch und genau, dass man dankbar für die anderen Perspektiven ist, aus denen dieser Roman erzählt wird – allen voran der des Jungen Adrian. Dessen Vater schickt ihn in Dortmund auf den Strich. Adrian wundert sich mit jeder Begegnung mehr über diesen eigenartigen Mann, der anders ist als seine üblichen Freier. Und: er verliebt sich in ein Mädchen. Adrian entdeckt eine eigene Geschichte, die – spiegelbildlich zu der des Polizisten Ben – Entscheidungen erfordert. Einer von den Guten ist weniger Kriminalroman als Meditation über persönliche Souveränität und menschliche Freiheit.
“Klare Worte. Unmittelbar, unmissverständlich. So möchte er auch sprechen. Klartext.“
Neven sucht Hilfe, versucht zu sprechen. Doch die klaren Worte fallen ihm schwerer und schwerer, umso mehr er sich öffnet. Seine Karriere, seine Familie stehen auf dem Spiel. Wird er bereit sein, das alles zu riskieren, oder fällt er weiter, tiefer, aus allen seinen Bezügen heraus?