City in Ruins

Neue Stadt, neues Glück: In City of Ruins, dem dritten, abschließenden Teil von Don Winslows Roman-Trilogie verschlägt es den Ex-Mafia-Boss Danny Ryan nach Las Vegas. Hier hat er sich ein neues Leben aufgebaut, das von sauberen Geschäften, vielen Millionen Dollar und der Fürsorge um seinen Sohn gekennzeichnet ist. Doch die Vergangenheit lässt sich nicht so einfach abschütteln …

Don Winslow: City in Ruins. HarperCollins 2024
Don Winslow: City in Ruins. HarperCollins 2024
“Der Krebs, der seiner Frau das Leben nahm, die Depressionen, die seine neue Liebe zerstörten, der moralische Verfall, der ihm selbst die Seele raubte.“

Winslow macht es uns Lesern leicht und verknüpft die Handlungsfäden aus City on Fire, wo in den 1980ern ein Bandenkrieg die Ostküstenstadt Providence Schutt und Asche legt, und City of Dreams, wo die wenigen Überlebenden um Danny Ryan den Einstieg ins Filmgeschäft versuchen, mit diesem furiosen Abschluss, dessen Ende der Titel schon vorwegnimmt: sosehr sich Ryan, der aus meiner Sicht sympathischste Mafiosi der Literaturgeschichte, auch bemüht, am Ende des Romans werden von seinen Projekten nicht mehr als Ruinen übrig sein.

Schon im ersten Roman stolperte Ryan eher widerwillig in das immer weiter eskalierende Geschehen; was da noch viel bitterböse Komik versprühte, ist in City in Ruins tiefer Melancholie und Tragik gewichen. Man glaubt Ryan, dass er sich bei all seinen Geschäften um die Zukunft seines Sohns sorgt. Zwar sichert er ihm beständig seine Liebe zu, viel gemeinsame Zeit ist beiden jedoch nicht beschieden – stattdessen springt öfters ein „Onkel“ aus dem ehemaligen Mafia-Clan ein, um sich um den Jungen zu kümmern. Wieder begegnet Ryan einer schönen und liebenswerten Frau, mit der eine zwar geheime, aber intensive Beziehung führt – doch niemand, der Leser eingeschlossen, glaubt ernsthaft daran, dass diese Beziehung eine Zukunft hat. Und in den immer größer werdenden Projekten des Megalomanen, der Danny Ryan eben auch ist, fürchtet man um den Punkt, an dem die Blase platzt, der Bogen überspannt ist – und das fast naiv anmutende Beharren auf sauberen Geschäftsstrategien an seine Grenze kommt. Was dann?

“‘Du solltest mal den Großen Gatsby lesen‘, meinte sie (Eden, seine Geliebte), einmal zu ihm. ‚Und wieso?‘ Weil du das bist, dachte sie…“

Langsam und in ganz kleinen Schritt kehrt der Krieg zurück in die vermeintliche großbürgerliche Idylle. Zwischen FBI und Mafia, Rivalen und Finanzhaien gerät Danny Ryan noch einmal wider Willen auf die schiefe Bahn. MIt Zitaten aus Vergils Aeneis verweist Don Winslow auf den Trojanischen Krieg, der seinem Epos um Danny Ryan als Vorlage dient. Wie im Falle Troja – und wie bei allen Kriegen? – ist es auch hier: Am Ende gibt es keine Sieger.