City of Dreams
Was tun Mafiosi, wenn sie keine Mafiosi mehr sein dürfen? Sie tauchen unter. Sie vertreiben sich die Zeit mit Drogen, Sex und irgendwelchen krummen Dingern. Oder sie versuchen einfach, bessere Menschen zu sein. All das lässt sich in City of Dreams, dem zweiten Teil von Don Winslows geplanter Mafia-Trilogie besichtigen.
Zur Erinnerung: am Ende des furiosen Vorgängerromans City on Fire hatte ein eskalierender Bandenkrieg zwischen italienischen und irischen Mafiosi das kleine Städtchen Providence an der amerikanischen Ostküste in Brand gesetzt. Beide Banden waren mehr oder weniger vernichtet, und aus der unfreiwilligen aber totalen Eskalation hatte der Roman seine Spannung und seine Komik gezogen. Die letzten Reste der irischen Dynastie um ihren Kopf Danny Ryan verlassen in einer Nacht- und Nebelaktion die Stadt. Und tauchen unter.
Winslow hat mit City on Fire die Messlatte hochgelegt, und am Anfang tut sich der Nachfolger schwer, in die Gänge zu kommen. Es ist ja auch nicht einfach: Der Held, eben jener Danny Ryan, hat sich und seinen Mannen das Nichtstun verordnet; gerade eben hat er seine Frau und seine Heimat verloren, auch sein Dad wird bald sterben. Die Handvoll Jungs um ihn sind zur Langeweile verdonnert. Was tut man da nicht alles? Zum Beispiel in Hollywood ins Filmgeschäft einsteigen.
Natürlich: die „City of Dreams“ ist L.A.; der Film, der gedreht wird, ist absurderweise die Verfilmung eben jenes Geschehens aus City on Fire. Kein Wunder, dass die Gangster bei der Verfilmung ihrer Lebensgeschichte ein Wörtchen mitreden wollen. Mit dem Einstieg der Unterwelt in die Filmwelt, der zunehmend zum Einbruch wird, zündet Winslow im Hauptteil seines Romans ein wahres Feuerwerk an Situationskomik – bis Danny Ryan der Liebe begegnet. Was zunächst fast klischeehaft romantisch anmutet, entpuppt sich als nicht weniger als das ganz große Ding. Genau jenes, das ein Leben auf den Kopf stellen kann. Große Gefühle also, gänzlich unironisch.
Mit der Liebe geht es dann plötzlich doch wieder um alles: willkommen zurück im Ernst des Lebens. Danny Ryan, der wohl ehrlichste, menschlichste und sympathischste Mafia-Boss, der sich denken lässt, wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Das ist ganz großes Kino, so spannend wie einfühlsam erzählt, und Winslow erzeugt die große Tragik ebenso leicht wie die schlagende Komik. Welche Stadt wartet als nächste auf Danny Ryan?