Dinner mit dem Abt

Nina Brunetto: Dinner mit dem Abt. Mein Umweg zum Glauben. Vier Türme Verlag, 2024

ForuM Studie, Strukturreformen, das fehlende Geld oder die Suche nach einer Funktion in der sich verändernden Welt. Austrittswelle, Relevanzverlust, Traditionsabbruch – manchmal wirkt es (und alle Prognosen scheinen das zu bestätigen), als hätte die Kirche ihre besten Tage längst hinter sich. Und warum auch nicht?

Was würde dir ohne Kirche fehlen?

Nina Brunetto so einiges, so ließe sich aus den Schilderungen ihrer "Glaubensreise" schlussfolgern. Von dieser Reise erzählt die heute 33jährige in ihrem Buch Dinner mit dem Abt. Ein bewegendes Unterfangen: Während alle Welt Gründe zum Austritt zu sammeln scheint (oder schon längst nicht mehr hingeht), während vielen neben den Missbrauchsskandalen höchstens noch das Ärgernis Kirchensteuer einfällt, wenn das Gespräch überhaupt noch auf Glauben und Kirche kommt, die ganze Welt sich also weg von der Kirche zu bewegen scheint, verläuft diese Reise in die umgekehrte Richtung: zur Kirche hin.

Was beim titelgebenden "Dinner mit dem Abt" (der Benediktinerabtei Münsterschwarzach) noch lange nicht endet, nimmt seinen Anfang in einer Welt, in der Religion kaum vorkommt. Das "Heidenkind" Nina mit all seinen Vorurteilen, seinem Aufbegehren, seinem Unverständnis ist mir ziemlich vertraut: Auch ich wuchs mit dieser Mischung aus Unwissenheit, Ignoranz und radikaler Ablehnung auf, mit Das Leben des Brian und Oh Happy Day gleichermaßen, das ich im christlichen Jugendchor sang, während ich gleichzeitig Nietzsches "Gott ist tot" wie ein Mantra mit mir herumtrug.

Wie aus Gleichgültigkeit und Ablehnung ein Glaubensweg wird, schildert Nina Brunetto ehrlich, persönlich – und manchmal fast ein wenig ungläubig. Es sind die Bruchstellen im Leben, die Grenzen und die offenen Fragen, entlang derer ihr (und auch mein) Umweg zum Glauben verläuft. So etwa die Erfahrung, wieviel Unbarmherzigkeit und Überforderung in der allgegenwärtigen Selbstoptimierung liegen, die längst zu einer Art Ersatzreligion geworden ist. (Erst letztens habe ich aus dieser Perspektive über meine Glaubenserfahrungen geschrieben.) Aus diesem Blickwinkel ist Nina Brunettos Memoir ein bewegendes Plädoyer für den Glauben:

"Ich glaube daran, dass niemand jemals allein ist.
Ich glaube daran, dass Hoffnung stärker ist als Angst.
... Und ich glaube an Liebe und Gnade, die uns durch jeden Sturm führen, egal, wie laut und dunkel er sein mag."

Was mich aber meisten begeistert hat an dieser Schilderung vermeintlicher Zufälle, die die Autorin nicht nur nach Münsterschwarzach sondern auch in eine Kölner Gemeinde und, im Herbst 2023, ans Taufbecken führen, ist das Bild von Kirche, das sie zeichnet: als einer offenen, energiegeladenen, der Welt zugewandten Gemeinschaft, die sich getragen fühlt von der Liebe Gottes und aus ihr wirkt, diese Liebe in die Welt trägt.

"Wo Kirche draufsteht, da ist Liebe und Gnade drin!"

Relevanzverlust? Hier wird nicht gejammert, sondern gefeiert. Wenn Kirche so auf die Menschen, die "draußen" sind, zugehen würde, sie mit solchen offenen Armen begrüßen würde, wie es Nina Brunetto erfahren hat, dann bräuchten wir uns keine Sorgen machen. Denn eine solche Kirche würde uns wirklich fehlen.